Mittwoch, 14. Februar 2018 um 17:00
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass Kosten für Schulbücher als Mehrbedarfsleistungen vom Jobcenter zu übernehmen sind und nicht mit der Schulbedarfspauschale abgegolten sind.
In dem Verfahren hatte eine Schülerin der gymnasialen Oberstufe geklagt, die Grundsicherungsleistungen vom Jobcenter erhielt. Für die Anschaffung von Schulbüchern musste sie im Schuljahr 135,65 Euro aufbringen, da die Schulbücher von der Schule nicht im Rahmen der Lernmittelfreiheit leihweise zur Verfügung gestellt wurden.
Sie stellte deshalb einen Antrag auf Kostenübernahme beim Jobcenter als Zusatzleistungen zum Regelbedarf. Das Jobcenter bewilligte ihr zwar das sog. Schulbedarfspaket im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakete in Höhe 100,00 € pro Schuljahr (70,- Euro zum 01.08. und 30,- Euro zum 01.02.). Der darüber hinausgehende Betrag wurde ihr nicht bewilligt.
Zur Begründung wurde ihr erläutert, dass die Norm des § 28 Abs. 3 SGB II als Pauschale ausgestaltet sei. Für eine konkrete Bedarfsermittlung fehle eine Rechtsgrundlage. So hatte bereits das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 10.11.2011, B 4 AS 11/10 R argumentiert.
Das LSG hat die Schulbuchkosten jedoch als als Mehrbedarfsleistungen in analoger Anwendung des § 21 Abs. 6 SGB II anerkannt. Die Gesetzesbegründung zur Schulbedarfspauschale nach § 28 Abs. 3 SGB II soll demnach Bücher gerade nicht umfassen, sondern müsste aus den Mitteln des Regelbedarf gezahlt werden. Der Regelbedarf sieht aber lediglich Kosten für Bücher jeglicher Art nur in Höhe von knapp 3 Euro pro Monat bzw. 36 Euro im Jahr vor. Damit wäre aber weniger als ein Drittel der notwendigen Schulbuchkosten gedeckt. Weitere Normen des SGB II würden den Mehrbedarf nicht abdecken.
Nach Ansicht des LSG stellt dies eine planwidrige Regelungslücke dar, weil der Gesetzgeber das gesamte menschenwürdige Existenzminimum einschließlich der Kosten des Schulbesuchs gewährleisten müsse. Da der Ankauf von Schulbüchern keine regelmäßig wiederkehrender Bedarf wäre, ist es als Einmalbedarf anzusehen. Dafür ist für Schulbücher eine verfassungskonforme Auslegung des § 21 Abs. 6 SGB II heranzuziehen und die Regelungslücke somit zu schließen, selbst wenn diese nach dem Wortlaut nur für laufende Bedarfe gilt.
Meine Empfehlung:
Trotz der entgegenstehenden Entscheidung des BSG ist nun obergerichtlich eine Entscheidung zu Gunsten der Leistungsbezieher ergangen, deren Argumentation man sich zu Nutze machen sollte.
Deshalb sollte bei anstehender Kostenübernahme von Schulbüchern der Leistungsbezieher für das minderjährige Kind oder durch das volljährige Schulkind selbst ein Antrag auf Übernahme der Kosten beim zuständigen Jobcenter gestellt werden.
Ergeht ein Ablehnungsbescheid wäre Widerspruch einzulegen und notfalls auch zu klagen.
Sollten Sie dabei Hilfe benötigen, kann ich Sie gerne dabei unterstützen. Notfalls werden die außergerichtlichen Kosten über die Beratungshilfe oder die gerichtliche Kosten über Prozesskostenhilfe abgedeckt.
Zurück zur Übersicht